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Research as a Mode of Operation: Knowledge Production and (Self)Empowerment in an Art Historical Perspective »

Interview Ausschnitt: Gangart

By Johanna Schaffer | Published: February 24, 2011

Simonetta Ferfoglia (gangart): Wenn ich an unser Projekt in Georgien denke – und dort ist schon auch ein Vakuum vorhanden, dann glaube ich doch, dass manche Situationen in diesem Vakuum leichter entstehen können. Manchmal gibt es mehr Platz, wenn sich nicht alles um Interessens- und Machtkämpfe dreht und nicht immer alle einen Raum füllen mit ihrer Coolness-Aura. Wenn alles wichtig und schwer ist, kann man kaum mehr Dinge machen, die leicht sind, und das Arbeiten funktioniert viel schlechter an einem Ort, der von starken Machtverhältnisse durchzogen ist oder dessen strukturelle Vorbedingungen so beschaffen sind, dass man immer, wenn man etwas tut, einen Pol bedeutet, polarisiert. Aber das heißt auch, dass eine Arbeit, obwohl sie politisch ist, auch politisch schwach ist, wenn sie weniger einen Machtwillen verfolgt, sondern sich eher in ein Verhältnis stellen will. Enorm wichtig für gute Recherche jedoch ist – und Recherche ist ja Handlung, und sie bedeutet ein Sich-zueinander-stellen — enorm wichtig ist, dass die Rollen der Beteiligten variable Rollen sind. Denn wir alle sind keine Monokulturen, und die mit einander spielenden Personen, Materialien und Situationen, sind verschiebbare Einheiten. Zum Beispiel muss man nicht darauf bestehen, als Producer festgelegt zu sein, und auch die, die mitmachen, müssen nicht auf eine Rolle beschränkt sein. Zuzulassen, dass wir Poly-Menschen oder Poly-Figuren sind, dass man mit Poly-Material umgeht, ist aber nicht nur eine Methode, es ist auch eine Ethik.

JS: Du gibst ja auch ab, wenn Du entlang dieser Methode oder Ethik arbeitetst – Bestimmungsmacht, zum Beispiel.

Simonetta Ferfoglia (gangart): Das ist schlicht eine andere Vorgangsweise als die eines klassischen linken Duktus, dem es darum geht, durch das Setzen einer starken Geste Raum zu erzeugen. Diese starke und stark behauptende Geste fixiert Dinge erst einmal, und es geht ihr genau darum, erst einmal Raum zu machen… Das ist auch interessant als Methode. Denn wenn dieser Raum erst einmal frei ist, dann können wir diesen Raum gestalten.

J: Aber als Praxis ist diese Methode halt oft auch sehr herrschaftlich.

Simonetta Ferfoglia (gangart): Aber sie ist gleichzeitig auch realistisch

Heinrich Pichler (gangart): Sie ist manchmal, in einem bestimmten Umfeld, einfach erforderlich, um darin einigermaßen effektiv agieren zu können

JS: Aber geht nicht in euren Ästhetiken und Formen nicht auch um was anderes als effektiv sein, geht’s nicht darum, nicht alles, was spannend ist, nicht gleich platt zu walzen?

Simonetta Ferfoglia (gangart): Das schließt sich nicht gegenseitig aus. Es kann eine Timeline geben, in der man so operiert, dass diese Rollenverschiebungen eben möglich sind, dass es ein Einrichten von Verhältnissen und ein Tun mit Leuten auch narrativ gibt. Und dann gibt es den Moment, da man die Sache kommuniziert, und die kann man auch laut kommunizieren. Wir haben Projekte gemacht, die sehr laut kommuniziert haben. Und das ist vielleicht kein Fehler. Denn dann kann man, wenn es mit der Arbeit zusammenpasst, andere Momente erzeugen.

J: Was waren laut kommunizierende Arbeiten von Euch?

Simonetta Ferfoglia (gangart): „Fiat!“ war sehr laut und sehr effektiv kommuniziert. In diesem Projekt gab es auch Personen, die die Rolle hatten, organisatorisch und kommunikativ einen Raum zu schaffen, und das stand nicht im Widerspruch zu den anderen Teilen des Projektes. Heute haben wir nicht mehr die Muße, auf diese Weise zu kommunizieren – Du hast ja gestern gefragt, ob wir keine großen Dinge mehr machen… Diese großen Dinge waren oft groß, weil wir gedacht haben, wir wollen eine stärkere Öffentlichkeit ermöglichen. Ich glaube, dass die Zeit heute eine andere ist. Wahnsinnig viele Leute machen so wahnsinnig viel (lacht), dass die ganze Welt ist voll mit Leuten, die irgendwas tun, und also machen wir heute andere Dinge. Vielleicht macht uns diese Lautstärke auch nicht mehr so viel Spaß.

Ein anderes Beispiel dazu: ich war bei der Abschlussveranstaltung der Klasse von Carola am Stephansplatz. Carola erzählte, dass die Studierenden sich entschieden, diesen Termin nicht auf der Akademie-Webseite der Akademie anzukündigen, sondern diesen Event eigentlich nur für sich selbst und für die Passanten zu machen. Für mich war das sehr einleuchtend. Und sie haben eine wirklich sehr gute Arbeit gemacht, sich diesem aktuellen Event-Boom der Akademie verweigert, und einfach Sachen gemacht, die sie machen, weil sie Sachen machen. Und also wurden es sehr schöne Sachen.

Ausschnitt aus einem Gespräch mit Simonetta Ferfoglia & Heinrich Pichler (gangart), Triest, 03.09.2010

Bild: Titelseite des Programmheftes GANG ART FIAT! EIN THEATER EVENT IM SCHAURAUM DES FIATHAUSES. Wien, o.J., 16. Mai – 1. Juni (1988)

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