
JS: Was findest Du für deine eigene Praxis am Begriff artistic research hilfreich, was nicht?
Johannes Porsch: Schwierig. Ich glaube hilfreich ist und eine Chance eröffnet, dass dies ein Begriff ist, der fortwährender Erklärung bedarf. Damit bietet die Teilnahme an einem Projekt rund um artistic research durch die Arbeit an der Klärung auch die Möglichkeit an einer Verortung der eigenen Praxis – und zwar nicht, indem man sagt, man macht artistic research, sondern über die Arbeit an so einem Begriff kann man eben dieses Wort, (lange pause) kann man die eigene Praxis innerhalb (pause) …Ich glaube der Begriff ermöglicht mir eine Definition meiner eigenen Arbeitsform. Dies geschieht allerdings weniger über den Begriff selbst, als über ein über den Begriff stattfindendes Aufrufen historischer und gegenwärtiger künstlerischer Positionen, mit denen man sich beschäftigt. Zudem ermöglicht mir das Begriffsfeld die Aussage: „ich mache Kunst“. Das konnte ich vorher so nicht sagen, schlichtweg weil ich nicht im Kunstfeld gearbeitet habe – obwohl ich meine Praxis sehr wohl als künstlerische Praxis begreife. Der Begriff oder dieser Moment, zu dem ich in das Feld artistic research hineinkomme, öffnet für mich das Feld der Kunst als Teilnehmer. Und das ist so, weil der Begriff eine gewisse Ambivalenz als Offenheit oder Ungeklärtheit mit sich bringt, die aber auch geklärt werden muss. An dieser Klärungsarbeit kann ich teilweise mitwirken und mich dadurch verorten.
JS: Ja, das leuchtet mir sehr ein – hat aber auch sehr viel mit deiner Arbeit der letzten Jahre zu tun, denke ich mir.
Johannes Porsch: Ja. Ich habe viel an der Frage von Aufführung und Ausstellung gearbeitet und daran, wie Repräsentieren oder Präsentieren auch Momente des Aufführens, also des Ausstellens beinhaltet; und wie in der Vermittlung von Inhalten die Erzählweise der Moment ist, in dem Medialität selbst ins Spiel kommt — durch ein gewisses Ins-Spiel-bringen von Medialität, zum Beispiel die Medialität der Sprache, oder im Zusammenstellen von Bild und Text oder im Zusammenwirken von Raum, Bild und Text (??nachfragen). Das heißt auch, dass Wissenstransfer erst in der Aktivierung der eigenen Leseweise und in der Infragestellung von Leseweise überhaupt funktioniert – also eigentlich in der Problematisierung von Wissenstransfer durch die Ausstellung als Aufführungsort.
Das gilt für mein Projekt jardin d’hiver nach Marcel Broothaers, oder auch das Projekt mit Hedi Sachsenhuber, „Kunst und Politik“, wobei das vielleicht das Reduzierteste war, weil wir darin wirklich rein visuell gearbeitet haben, oder „China Production“, oder das „Moscheen Buch“, in dem es darum ging, diese Überlegungen im Medium des Buches bzw. als Strategie im öffentlichen Raum anzustellen.
JS: Heinrich Pichler von gangart meinte, dass für ihn der begriff Artistic Research auch ermöglicht, einen Teil seiner bzw ihrer, gangarts, Arbeit zu bezeichnen, die sie sowieso immer machen, die aber bisher immer unthematisiert war und unbezahlt, aber notwendiger Bestandteil der Arbeit. Durch den Begriff artistic research hat dieser Teil oder diese Dimension der eigenen Arbeit einen Rahmen bekommen, ist darstellbar, und als Teil der eigenen Praxis reklamierbar.
Johannes Porsch: Allerdings habe ich den Eindruck, dass das dieser Teil dennoch als nicht wirklich Kunst, nicht als Art mit großem A gilt.
J: Ah, damit machst Du jetzt eine andere Bewegung als Heinrich. Er hat artistic research als Teil seiner Produktion bezeichnet und du verwendest es als Namen für eine Praxis, nicht Teil von Praxis… sondern eine künstlerische Praxis eigentlich.
Johannes Porsch: Aber es ist eine Praxis, die sich nicht abschließen lässt. Es gibt natürlich generell keine abschließbaren Genres mehr, die fransen ja alle aus. Aber im Falle der AR ist es aber noch einmal anders, weil diese auf der einen Seite eine Art neu ausgerufene Tendenz ist, auf der anderen Seite aber gleichzeitig sowieso Teil jeder Praxis ist. Research muss jede_r machen, d_er produziert.
Ausschnitt aus einem Gespräch mit Johannes Porsch, Wien, 14.09.2010
Bild: Seiten mit der Inhaltsangabe, aus: Johannes Porsch, Architekturzentrum Wien (Hg.): Un jardin d’hiver*, präsentiert : 3.4 ways of power ; wie Architektur in Modernisierungsabläufen Vorrichtung ist, … ; [*nach: Marcel Broodthaers, Un jardin d'hiver (objet-sujet), 1974]. Hintergrund 32, Wien 2006.

Interview Ausschnitt: Johannes Porsch
JS: Was findest Du für deine eigene Praxis am Begriff artistic research hilfreich, was nicht?
Johannes Porsch: Schwierig. Ich glaube hilfreich ist und eine Chance eröffnet, dass dies ein Begriff ist, der fortwährender Erklärung bedarf. Damit bietet die Teilnahme an einem Projekt rund um artistic research durch die Arbeit an der Klärung auch die Möglichkeit an einer Verortung der eigenen Praxis – und zwar nicht, indem man sagt, man macht artistic research, sondern über die Arbeit an so einem Begriff kann man eben dieses Wort, (lange pause) kann man die eigene Praxis innerhalb (pause) …Ich glaube der Begriff ermöglicht mir eine Definition meiner eigenen Arbeitsform. Dies geschieht allerdings weniger über den Begriff selbst, als über ein über den Begriff stattfindendes Aufrufen historischer und gegenwärtiger künstlerischer Positionen, mit denen man sich beschäftigt. Zudem ermöglicht mir das Begriffsfeld die Aussage: „ich mache Kunst“. Das konnte ich vorher so nicht sagen, schlichtweg weil ich nicht im Kunstfeld gearbeitet habe – obwohl ich meine Praxis sehr wohl als künstlerische Praxis begreife. Der Begriff oder dieser Moment, zu dem ich in das Feld artistic research hineinkomme, öffnet für mich das Feld der Kunst als Teilnehmer. Und das ist so, weil der Begriff eine gewisse Ambivalenz als Offenheit oder Ungeklärtheit mit sich bringt, die aber auch geklärt werden muss. An dieser Klärungsarbeit kann ich teilweise mitwirken und mich dadurch verorten.
JS: Ja, das leuchtet mir sehr ein – hat aber auch sehr viel mit deiner Arbeit der letzten Jahre zu tun, denke ich mir.
Johannes Porsch: Ja. Ich habe viel an der Frage von Aufführung und Ausstellung gearbeitet und daran, wie Repräsentieren oder Präsentieren auch Momente des Aufführens, also des Ausstellens beinhaltet; und wie in der Vermittlung von Inhalten die Erzählweise der Moment ist, in dem Medialität selbst ins Spiel kommt — durch ein gewisses Ins-Spiel-bringen von Medialität, zum Beispiel die Medialität der Sprache, oder im Zusammenstellen von Bild und Text oder im Zusammenwirken von Raum, Bild und Text (??nachfragen). Das heißt auch, dass Wissenstransfer erst in der Aktivierung der eigenen Leseweise und in der Infragestellung von Leseweise überhaupt funktioniert – also eigentlich in der Problematisierung von Wissenstransfer durch die Ausstellung als Aufführungsort.
Das gilt für mein Projekt jardin d’hiver nach Marcel Broothaers, oder auch das Projekt mit Hedi Sachsenhuber, „Kunst und Politik“, wobei das vielleicht das Reduzierteste war, weil wir darin wirklich rein visuell gearbeitet haben, oder „China Production“, oder das „Moscheen Buch“, in dem es darum ging, diese Überlegungen im Medium des Buches bzw. als Strategie im öffentlichen Raum anzustellen.
JS: Heinrich Pichler von gangart meinte, dass für ihn der begriff Artistic Research auch ermöglicht, einen Teil seiner bzw ihrer, gangarts, Arbeit zu bezeichnen, die sie sowieso immer machen, die aber bisher immer unthematisiert war und unbezahlt, aber notwendiger Bestandteil der Arbeit. Durch den Begriff artistic research hat dieser Teil oder diese Dimension der eigenen Arbeit einen Rahmen bekommen, ist darstellbar, und als Teil der eigenen Praxis reklamierbar.
Johannes Porsch: Allerdings habe ich den Eindruck, dass das dieser Teil dennoch als nicht wirklich Kunst, nicht als Art mit großem A gilt.
J: Ah, damit machst Du jetzt eine andere Bewegung als Heinrich. Er hat artistic research als Teil seiner Produktion bezeichnet und du verwendest es als Namen für eine Praxis, nicht Teil von Praxis… sondern eine künstlerische Praxis eigentlich.
Johannes Porsch: Aber es ist eine Praxis, die sich nicht abschließen lässt. Es gibt natürlich generell keine abschließbaren Genres mehr, die fransen ja alle aus. Aber im Falle der AR ist es aber noch einmal anders, weil diese auf der einen Seite eine Art neu ausgerufene Tendenz ist, auf der anderen Seite aber gleichzeitig sowieso Teil jeder Praxis ist. Research muss jede_r machen, d_er produziert.
Ausschnitt aus einem Gespräch mit Johannes Porsch, Wien, 14.09.2010
Bild: Seiten mit der Inhaltsangabe, aus: Johannes Porsch, Architekturzentrum Wien (Hg.): Un jardin d’hiver*, präsentiert : 3.4 ways of power ; wie Architektur in Modernisierungsabläufen Vorrichtung ist, … ; [*nach: Marcel Broodthaers, Un jardin d'hiver (objet-sujet), 1974]. Hintergrund 32, Wien 2006.